Das Biwakzelt ist ein Mix aus Zelt und Biwaksack. Nichts Ganzes, sondern quasi halb und halb. Doch sind Biwakzelte deswegen schlecht? Nein, ganz im Gegenteil. Denn dieser Zelttyp kombiniert die Vorteile aus zwei „Welten“. Und zwar die eines „echten“ Zelts mit denen des Biwaksacks. Möglich also, dass dieses Zelt auf deiner nächsten Tour eine Option ist. Möglich sogar, dass es dir besser gefällt als Kuppelzelt und Co.
Wobei es übrigens recht lange dauerte, bis die Hersteller auf die Idee dieses „Hybrids“ kamen. Obwohl die Lücke zwischen Biwaksack und Trekkingzelt ganz schön groß ist. Dennoch kamen die ersten Biwakzelte erst um die 2010er Jahre auf den Markt. Bis heute ist das Angebot eher überschaubar, also nicht wirklich groß. Du fragst warum? Gute Frage. Vielleicht ist der Markt für Biwakzelte doch nicht so groß wie gedacht. Die Nachfrage trotz der boomenden Outdoor-Sparte nicht so riesig wie erwartet. Keine Ahnung. Egal, schauen wir uns die Fakten an.
Im Detail: Was genau sind Biwakzelte?
Also, was genau ist das Biwakzelt? Wie gesagt: Dieser Zelttyp steht in der Mitte. Biwakzelte sind mehr als nur ein simpler Biwaksack, aber weniger als ein echtes Zelt. Salopp formuliert sind Biwakzelte größere Luxus-Biwacksäcke mit mehr Platz, aber noch lange nicht mit dem üppigen Platzangebot eines Zelts. Du kannst darin liegen, aber nicht sitzen. Bei „normalen“ Trekkingzelten kannst du das sehr wohl, selbst wenn diese nur für eine Person gedacht sind. Entsprechend kannst du bei schlechtem Wetter auch mal zur Not im Zelt kochen, im Biwakzelt hast du hierzu nicht den nötigen Platz. Weil Biwakzelte einfach zu niedrig sind. Wie gesagt, mehr als darin liegen kannst du nicht.
Dennoch solltest du dir das Zelt mal anschauen. Und eventuell auf deiner nächsten Tour probieren. Vorteile bringt der Zelttyp nämlich einige mit. Selbst wenn Biwakzelte im Grunde nur größere Biwaksäcke sind. Die Hersteller fügen neben etwas Stoff lediglich einen Gestängebogen am Kopf- sowie einen zweiten (kleineren) am Fußende hinzu. Außerdem die nötigen Aufstell- und Abspannmöglichkeiten, fertig. Okay, der Boden ist ebenfalls robuster als bei einem simplen Biwaksack. Eine Apsis für Gepäck sowie ein Innen- und Außenzelt haben Biwakzelte allerdings nicht. Wobei: Gute (sprich teure) Modelle haben teilweise durchaus eine kleine Apsis. Eine Doppelwand findest du bei diesem Zelttyp aber nicht. Kondenswasser sollte dich bei diesem Zelttyp also nicht überraschen.
Im Fazit sind die Gestängebögen jedenfalls der größte Unterschied zum Biwaksack. Optisch schaut das Biwakzelt daher wie eine Miniversion des Tunnelzelts aus. Allerdings sind die Bögen deutlich kleiner, womit die fehlende Sitzhöhe erklärt ist. Hier ist ein reguläres Tunnelzelt doch um einiges größer. Bei einem Biwakzelt hängt dir hingegen schon beim Liegen die Zeltwand dicht vor den Augen. Dafür hast du mit diesem Zelttyp weniger Arbeit beim Auf- und Abbau, weil weniger Abspannpunkte vorhanden sind. Von Gewicht und Packmaß ganz zu schweigen.
Pro: Die Vorteile von Biwakzelten
Genau diese Vorteile machen das Biwakzelt auch so interessant. Apropos, hier die Vorteile in der Übersicht…
- einfacher Auf- & Abbau
Aufgrund der einfachen Konstruktion ist das Biwakzelt ebenso einfach auf- wie später wieder abgebaut. Die kleinen Gestänge sind schnell errichtet, das Zelt flott übergeworfen, das war’s. - wenige Abspannpunkte
Der flotte Auf- bzw. Abbau liegt vor allem an den wenigen Abspannpunkten. Entsprechend ist das Biwakzelt zwar nicht freistehend, macht dir aber weniger Arbeit als andere nicht freistehende Zelttypen. - wenig Gewicht
Logisch, dass das „bissel Zelt“ auch nicht allzu viel wiegt, das Gewicht also wundervoll leicht auf deinem Rücken ist. Vor allem natürlich auf größeren Touren über mehrere Tage und im Gebirge. - geringe Packmaße
Gleiches gilt für die Packmaße. Kompakter sind nur Biwaksack und Tarp. - wenig Platzbedarf
Davon ab brauchst du bei einem Biwakzelt weniger Platz zum Aufbau als bei einem Tunnelzelt. Trotz der nötigen Abspannung. Ein Vorteil im Wald ebenso wie im felsigen Gebirge, wo dir schon relativ kleine Nischen reichen.
Kontra: Die Nachteile des Biwakzelts
Auf der anderen Seite ergeben sich aus der simplen Konstruktion auch die Nachteile.
- nicht freistehend
Zum einen sind Biwakzelte eben nicht freistehend, du musst also generell abspannen. Wenn auch nicht so doll wie bei anderen Zelttypen, Stichwort Tunnelzelt oder Einbogenzelt. Ausnahme sind Varianten mit einem gekreuzten Kopfgestänge. Die kosten aber mehr. - Heringe & Abspannleinen
Entsprechend brauchst du ein paar Heringe und Abspannleinen. Die heißen natürlich mehr Gewicht und belegen zudem Stauraum in deinem Rucksack. - Heringe & Böden
Zugegeben: Der Platzbedarf hält sich in Grenzen, je nach Boden könntest du aber spezielle Heringe brauchen. Bei unbekannten Terrain packst du also besser „Allrounder“ ein. - mageres Platzangebot
Böse mager ist außerdem das Platzangebot. In der Regel sind Biwakzelte so knapp bemessen, dass zwischen Nase und Zeltwand nur Zentimeter liegen. Doch das ist so gewollt, darauf ist dieser Zelttyp ausgelegt. - keine Apsis
Sitzen und kochen kannst du daher im Biwakzelt nicht. Weil dieses keine oder höchstens eine klitzekleine Apsis hat. Entsprechend fehlt Stauraum für dein Gepäck. Entsprechend muss das draußen bleiben. - keine Doppelwand
Außerdem darfst du keine Doppelwand – sprich: Innen- und Außenzelt – erwarten. Das wieder heißt: (mehr) Kondenswasser.
Vergleich: Biwakzelt versus echtes Zelt
Für und Wider halten sich also die Waage. Schauen wir uns das Biwakzelt also im direkten Vergleich an. Tatsächlich ist dieser gar nicht so einfach, weil die Übergänge von Biwacksack, Biwakzelt und Zelt fließend sind. Versuchen wir es dennoch. Als erstes der Vergleich Biwakzelt und echtes Zelt.
Interessante Vorteile zeigen Biwakzelte vor allem beim Auf- und Abbau, was einen schnellen Ortswechsel erlaubt. Warum oder wann ein solcher nötig sein könnte? Na wenn dein Übernachtungsplatz plötzlich überflutet wird oder Sturm aufkommt. Gründe finden sich für einen flotten „Stellungswechsel“ genug. Auch in punkto Gewicht kann das Biwakzelt überzeugen. Ohne große Mühe schleppst du das Biwakzelt auf den höchsten Gipfel und bist so für einen plötzlichen Wetterumschwung gut gerüstet.
Der größte Minuspunkt ist wiederum der beengte Platz gegenüber einem echten Zelt. Bei Bedarf kannst du dich in einem echten Zelt ohne Probleme umziehen oder deine Ausrüstung sortieren, sogar kochen. Ein Biwakzelt bietet dir lediglich einen Liegeplatz zum Schlafen und Lesen oder zur Tourplanung. Umziehen musst du dich im Freien, bei Regen nicht angenehm. Auch mal zur Not im Zelt kochen ist nicht möglich, weil dir einfach der Platz fehlt. Essen geht ebenfalls nur im Liegen. Gut, du kannst noch ein Tarp spannen, aber das heißt mehr Gewicht. Da kannst du auch gleich ein echtes Zelt einpacken. Deinen Rucksack musst du beim Biwakzelt übrigens auch draußen lassen. Sowie deine (nassen) Wanderschuhe…
Vergleich II: Biwakzelt versus Biwacksack
Wie aber schaut das Biwakzelt im Vergleich mit dem Biwaksack aus? So leicht Biwakzelte sind, Biwaksäcke sind ultraleicht. Das Fliegengewicht merkst du wirklich nicht mehr. Dafür glänzt das Biwakzelt mit mehr Platz und somit mehr Komfort. Im Notfall bist du mit dem Biwakzelt besser bedient, zumal in hochalpinen Regionen. Das Mehr an Komfort ist übrigens leicht erklärt: Das Biwakzelt bzw. die Schutzhülle ist quasi auf Abstand zu deinem Körper. Damit hast du wieder einen besseren Schutz gegen Wind und Nässe, was sogar überlebenswichtig sein kann.
Mankos zeigen Biwakzelte im Vergleich zu Biwacksäcken hingegen mit dem größeren Platzbedarf. So wenig Platz du mit einem Biwakzelt für die Übernachtung benötigst, mit dem Biwaksack brauchst du noch weniger. Tatsächlich brauchst du den Biwaksack nur ausbreiten, fertig. Das Biwakzelt musst du hingegen abspannen, womit halt doch ein zwei Meter extra nötig sind. Zumal du auf gewissen Böden – Stichwort Fels – sogar Probleme haben kannst. Vor allem ohne die richtigen Heringe.
Für wen ist das Biwakzelt gedacht?
Nun fragst du wohl, wie das Fazit zum Biwakzelt ausfällt. Die Antwort ist schwierig. Biwakzelte bieten dir das Nötigste. Mehr als ein Biwaksack, weniger als ein Zelt. Ob dieser Zelttyp für dich geeignet ist, musst du selbst entscheiden. Wo soll’s hingehen? Wie lang ist deine nächste Tour? Wie schwer deine Ausrüstung? Was ist dein Bedarf an Komfort?
Fakt ist: Biwakzelte sind eine Option für Solotourer, die keinen großen Wert auf Komfort legen. Dafür auf (wenig) Gewicht, kleine Packmaße und Flexibilität. Apropos: Im Schnitt bringen es Biwakzelte auf rund 1,0 bis 1,5 kg. Zugegeben sind sie damit schwerer als ein Ultraleichtzelt, aber auch deutlich billiger. Günstige Modelle bekommst du schon für unter 40 Euro, die richtig guten kosten an die 200 Euro. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist also top. Gegenüber Einbogenzelt, Tunnelzelt, Kuppelzelt oder Geodät ist das Biwakzelt jedenfalls in der Regel leichter und billiger.
Bist du mit Partner, Kind oder in einer Gruppe unterwegs, ist das Biwakzelt weniger eine Idee. Weil eben nur für eine Person. Es gibt zwar Modelle, die sogar einen kleinen Vorraum haben, aber dennoch nur für eine Person taugen. Hier ist dann ein echtes Zelt besser. Erstens weil dieses mehr Platz bietet. Zweitens weil ein Zelt vom Gewicht her gegen zwei Biwakzelte nicht viel schwerer ist, im Gegenteil sogar oft leichter. In regenreichen Gebieten ist das Biwakzelt ebenfalls keine gute Wahl. Weil nur einwandig. In (hoch)alpinen Regionen sind Biwakzelte hingegen eine gute Option. Hier findest du in der Regel eher kleine Nischen zum Übernachten als den einen „großen“ Platz für ein Zelt. Aus diesem Grund lohnt es auf einer alpinen Tour mit mehreren Personen, wenn jeder sein eigenes Biwakzelt dabei hat.
Group Shelter: Biwakzelte für Gruppen
Apropos Gruppen: Hier bietet sich dir (bzw. euch) eine dritte Alternative an. Und zwar Gruppenbiwaksäcke. Diese kannst du mit Trekkingstöcken improvisieren. Eine Idee wäre hier zum Beispiel das Rab Group Shelter 2, das bereits für ein „Trekkingstock-Gestänge“ vorbereitet ist. Zwar ist das Group Shelter 2 auch nur für zwei Personen, aber mit 322 g (!) extrem leicht gehalten. Da kommt nicht mal ein Ultraleichtzelt mit.
Jedenfalls kannst du solche Group Shelters teilweise für bis zu sechs Personen „paaren“. In einer Gruppe ohne große Komfortansprüche solltest du dir (ihr) daher unbedingt mal die Produkte von Rab anschauen. Die Engländer sind gut bekannt für ihr breites Angebot an Biwakzelten und Group Shelters. Und im Notfall bzw. bei einem Wettersturz kann dir (euch) ein solches Zelt das Quäntchen Plus an Sicherheit bieten, dass zum Überleben nötig ist. Klingt dramatisch, aber hochalpines Wetter hat seine eigenen Regeln. Mit einem Biwakzelt bist du auf diese optimal vorbereitet. Selbst auf einer kleinen Trekkingtour, die nur über ein paar Stunden gehen soll.
Unterschiede billige und teure Biwaksäcke
Die Preisunterschiede zwischen billig und teuer sind übrigens mit Qualität und „Extras“ erklärt. Bessere Modelle haben zum Beispiel längere Reißverschlüsse, was Ein- und Ausstieg erleichtert. Allerdings heißen mehr oder eben längere Reißverschlüsse auch ein klein wenig mehr Gewicht. Zwar nur im Bereich einiger Gramm, aber immerhin. Zweites Aber: Bei schlechtem Wetter sind gerade die Reißverschlüsse typische Schwachstellen. Achte auf gut laufende und robuste Reißverschlüsse, als hochwertig gilt vor allem YKK. Die Ösen zum Abspannen und natürlich die Nähte sollten zudem schön robust sein.
Teilweise haben teure Biwaksäcke auch ein gekreuztes Kopfgestänge. Damit sparst du dir mitunter die leidige Abspannung. Generell wichtig ist, dass das Material atmungsaktiv ist. Stichwort Kondenswasser. Hier sind übrigens ein paar Zentimeter Abstand zwischen Schlafsack und Zeltwand wichtig. Mit einem Winterschlafsack kannst du da schnell ein Problem haben. Ein paar Euro mehr auszugeben lohnt also allemal. Zumal teurere Varianten nicht nur aus besserem, sondern vor allem leichterem Material bestehen. Je nach Tour und ausgesuchter Region ein nicht unwichtiger Vorteil. Entscheiden musst du allerdings du.
Viel Spaß auf Tour.
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